Kreisseniorenrat zeichnet Einzelhändler im Landkreis aus – auch Landratsamt Rastatt dabei

Immer mehr seniorenfreundliche Geschäfte

**Rastatt. **Einkaufen in der Innenstadt, ein Behördengang – was für die meisten Menschen ganz normal ist, ist für Senioren oder Menschen mit Beeinträchtigungen oft mit einem großen Kraftakt verbunden: Oft treffen sie auf zu viele Barrieren und zu wenig Verständnis für ihre Situation.
Ein Zertifikat, das der Landesseniorenrat Baden-Württemberg verleiht, zeigt jedoch auf einen Blick: Hier wird allen, die auf Unterstützung angewiesen sind, geholfen. Aber was bietet das Gütesiegel genau und welche Läden und Institutionen im Landkreis Rastatt sind dabei?
Was genau verbirgt sich hinter dem Zertifikat „Seniorenfreundlicher Service“?
Das Ganze ist ein gemeinsames Projekt der Seniorenräte in Baden-Württemberg und „es belohnt alle Unternehmen aus Einzelhandel, Dienstleistung und Handel, die sich über das normale Engagement hinaus“ gegenüber der älteren Generation in der Pflicht fühlen, heißt es auf der Homepage des Landesseniorenrats. Sprich: Wer sein Angebot oder seine Dienstleitung an die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren anpasst, kann sich zertifizieren lassen und dann auch mit diesem Zertifikat um weitere Kundengruppen werben. Auch Behörden oder Institutionen können sich neuerdings begutachten lassen und das Siegel erlangen.
Welchen Nutzen hat das Siegel für Senioren?
Das Zertifikat wird in der Regel an der Tür des jeweiligen Geschäfts oder der jeweiligen Einrichtung angebracht. „Das Emblem hat einen hohen Wiedererkennungswert. Egal, ob ich auf der Schwäbischen Alb unterwegs bin oder hier bei uns“, sagt Doris Schmith-Velten, die Vorsitzende des Rastatter Kreisseniorenrats. „Wer es sieht, weiß, ,Da kann ich hin’“. Natürlich gelte dies auch für Angehörige, die mit ihren älteren Verwandten unterwegs seien.
Worauf können sich Senioren verlassen, wenn sie ein mit dem Siegel zertifiziertes Geschäft betreten?
„Dass auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird“, sagt Doris Schmith-Velten. So verpflichten sich die Inhaber jener Geschäfte oder auch die Abteilungsleiter der jeweiligen Behörde beispielsweise, ihr Personal hinsichtlich der Beschwerlichkeiten des Alters zu schulen. „Das ist oft schon die halbe Miete“, sagt die Vorsitzende des Rastatter Kreisseniorenrats. Bei der Zertifizierung wird aber beispielsweise auch darauf geachtet, ob Preisschilder ausreichend groß und gut lesbar sind oder ob es schwellenfreie Zugänge zum Geschäft gibt. Sind Treppen mit beidläufigen Handläufen versehen? Gibt es ausgeschilderte Kundentoiletten und sind diese barrierefrei zugänglich? Wird auf Nachfrage Trinkwasser angeboten? Sind ausreichend Sitzgelegenheiten vorhanden, auf denen man sich gegebenenfalls mal kurz ausruhen kann? All dies wird bei der Zertifizierung geprüft. Auch wenn der Eingang zu einem Laden beispielsweise im Halbparterre liege, gebe es Möglichkeiten, gehbehinderten Senioren dennoch den Zugang zu ermöglichen, etwas durch einen Hintereingang. „Da muss man dann einfach ein bisschen kreativ sein“, sagt Schmith-Velten.
Wie erfolgt die Zertifizierung?
Anhand eines Fragebogens werden die Aspiranten auf Herz und Nieren geprüft. 75 Prozent der darin enthaltenen Fragen müssen zufriedenstellend beantwortet werden. Ist das Personal sichtbar, erreichbar und namentlich ansprechbar? Gibt es an der Kasse Ablagefläche für die Kunden? Sind die Gänge breit genug für Rollatoren und Rollstühle? Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Kreisseniorenrats schauen sich zudem die Situation vor Ort an. Acht bis zehn Ehrenamtliche gebe es im Landkreis, die an dem Projekt mitarbeiten, darunter auch Menschen, die im Rollstuhl sitzen. Sie testen ganz konkret vor Ort, wie es mit dem seniorenfreundlichen Service aussieht. Sind die meisten Kriterien erfüllt, wird das Zertifikat verliehen.
Welche Einzelhändler, Firmen und Behörden im Landkreis sind bereits zertifiziert?
Einige. In Bühl sind es das Bühlot-Kiosk und Sanitär Knopf (beide in der Schwanenstraße), das Wäschegeschäft Tag und Nacht sowie die Tanzschule ADTV Tanzflair (beide in der Eisenbahnstraße). Aber auch Cum Natura (Am Froschbächle 17), die Rechtsanwaltskanzlei Wittke und Schwer (Rheinstraße 1) sowie die Sparkasse Bühl (Sparkassenplatz 1) haben sich zertifizieren lassen. In Rastatt sind das Autohaus Hartmann (Berliner Ring 17), das Sanitätshaus Krux, Hörgeräte Lorenz und Papier Fischer (alle drei zentral in der Kaiserstraße gelegen) sowie Binder Optik (Poststraße 8) im vergangenen Jahr zertifiziert worden. Als erste Behörde in der Region hat sich zudem das Landratsamt Rastatt zertifizieren lassen.
Warum hat man sich beim Landkreis Rastatt dazu entschlossen, sich als seniorenfreundlich zertifizieren zu lassen?
„Weil wir uns davon Input erhoffen und besser werden wollen“, sagt der Rastatter Landrat Christian Dusch (CDU). Viele der Kunden des Landkreises seien Senioren – aber auch viele Menschen mit Behinderungen seien im Landratsamt zu Gast. „Und was den älteren Menschen dient, dient auch Menschen mit Behinderung oder Müttern mit Kinderwagen“, sagt Petra Mumbach, Beauftragte für die Belange von Menschen mit Handicap beim Landkreis.
Wie lange gelten die Zertifikate und Gütesiegel „Seniorenfreundlicher Service“, die in den vergangenen Monaten verliehen wurden?
Sie haben eine Gültigkeit von drei Jahren. Danach kann man sich neu evaluieren und zertifizieren lassen.
Petra Mumbach, Doris Schmith-Velten, Landrat Christian Dusch und Anja Frischkorn (von links) bei der Übergabe des Zertifikats an den Landkreis Rastatt. Foto: Janina Fortenbacher

BNN Freitag, 24.01.2025: Immer mehr seniorenfreundliche Geschäfte